Die Welt spricht Comic Sans

 4. März 2013

Das Gespür für Schrift und deren Wirkung auf den Leser zu verstehen vermag nicht jeder. Vielmehr werden kaum Gedanken darüber verschwendet, wie die Wahl der Schriftart eine Botschaft so transportieren kann, dass bereits die Form der Buchstaben eine unbewusste Erwartung oder Emotion auslöst. So wie man dicke Lettern mit Hinweisschildern verbindet, erwartet man bei einer Kursiven einen Kommentar, ein Zitat oder denkt bei einer Serifenschrift in Versalien (Großbuchstaben) an feierliche Anlässe wie Hochzeiten oder Trauerfeiern. Magere serifenlose Schriften stehen dagegen wieder für Technik oder Fachwissen.

Aber nicht jedem ist das bewusst und so wird für einen Text zumeist der voreingestellte Schriftsatz der Textverarbeitung genutzt, der passt nicht immer, aber bedeutet keinen Beinbruch. Ein Problem wird das Ganze nur, wenn es darum geht, abseits eines Textes etwas zu gestalten. Sei es ein Plakat für ein Vereinstreffen, einen Hinweis für die Kleingartensiedlung oder die Einladung zu der Firmenfeier. Denn das begreift der Ersteller als Chance, seine Kreastivität unter Beweis zu stellen. Er klickt zielsicher eine der meistgehasstesten Schriften im Auswahlmenü an: die Comic Sans.

Dabei ist die gar nicht mal so schlecht. Ich habe sie selbst schon verwendet. Für Comics. Dort wurde sie bereits vor ihrem Siegeszug benutzt. Damals noch unter dem Namen Comic Book. In den Neunzigern portierte sie der Schriftgestalter Vincent Connare für ein Hilfsprogramm unter Windows. Dort wurde sie letztlich nicht eingesetzt und erst später im Movie Maker veröffentlicht. Ab diesem Zeitpunkt stand der Comic Sans die Welt offen und hält sich hartnäckig.

In Großbuchstaben gesetzt, oft auch noch gebogen im Rundsatz und als Bonus mit unterschiedlich farbigen Buchstaben will sie Spaß und Party vermitteln. Dafür ist sie wie gemacht, wirkt locker, weich und nicht so starr, wie viele andere Schriften. Es war und ist eigentlich nur der inflationäre Einsatz, welcher der Schrift diesen faden Beigeschmack des Lästigen gegeben hat. Die Comic Sans sticht nicht mehr heraus, sie ist gewöhnlich geworden. Die Mühe, sich einen anderen Augenschmeichler zu suchen, macht sich kaum jemand. Das Plakat muss heute fertig werden, die Schrift nimmt jeder, als muss sie ja gut sein.

Blöd wird es nur, wenn der Typus auf Briefpapier oder seriöse Schreiben gelangt. Denn die spaßige Comic Sans passt einfach nicht zu Geschäftsschreiben, Warnschildern oder Hinweistafeln. Ein Bewerbungsgespräch besucht man ja auch nicht im Faschingskostüm. Persönliche Vorlieben und Geschmäcker sollten ihre Grenzen haben. Und auch wenn die ComicSans sich schreiend für die große Ankündigung der Firmenfeier anbietet, sollte man einfach mal schauen, was noch so für geeignete Schriften im Kasten liegen. Denn mit einer frischen unverbrauchten Schrift sticht die Einladung deutlich mehr aus der Masse heraus.

Kleiner Nachtrag:
Jeder kennt die Worte: «So schlecht, dass es schon wieder gut ist». Auch die Comic Sans bleibt davon nicht verschont und neben den vielen Hater-Seiten finden sich auch Leute, die der Debatte etwas Humor abgewinnen und strikt alles in Comic Sans transferieren.