Manche Grafikkonzepte wachsen einem schon beim Lesen der ersten Sätze der Auftragsanforderungen ans Herz. Oft sind es nicht mal die von langer Hand geplanten Projekte, sondern die eher unerwartet reinschneienden, kurzfristigen Anfragen, die oft mit einer Einleitung beginnen: »Daniel, kannst Du auch…?«. Ich bin meistens der Letzte, der bei sowas Nein sagt. Neues reizt mich eben. Und so war es auch zur Fotoausstellung im Hauptbahnhof Leipzig anlässlich des 25. Wave-Gotik-Treffens.
Die anfangs überschaubar wirkende Idee »Fotoaustellung« wurde schnell zur großen Konzept- und Layoutaufgabe. Denn als es darum ging, die komplett weißen Ausstellungsstelen WGT-tauglich zu machen und nicht nur einfach Bilder aufzuhängen, war Nachdenken angesagt. Grafisches Design und die Aufbauten sollten sich gegenseitig ergänzen und im lebhaften Publikumsverkehr des Shoppingcenters im Hauptbahnhof sowohl auffallen als sich auch harmonisch integrieren.
Layouts für 60 Ausstellungsstelen = 5 GigaByte
Darum gestaltete ich für die 60 Ausstellungsstelen kurzerhand komplette zweieinhalb Quadratmeter messende Layouts. Allein die Druckdaten dafür wogen knappe 5 GB. Der durchgehende Mauerhintergund als kleinster gemeinsamer Nenner in der Wave-Gotik-Szene wurde je Layout mit zweisprachigen WGT-Infos und natürlich den Fotografien der Bildermacher bestückt. Die größte Herausforderung wartete allerdings bei den Motiven von Fotografenlegende Gerd Lehmann. Seine zehn Gestus-Kalender wollten wir jeweils mit Titel, Erklärblatt und zwei Innenseiten abbilden. Da es zu den Blättern (1997-2007) keine verwendbaren Druckdaten gab, blieb nur der Weg, die einzelnen Exemplare zu digitalisieren. Das klingt einfacher, als es letztlich war.
40 Kalenderblätter digitalisieren
Einen Scanner zu nutzen, fiel wegen Ausmaß und welliger Oberfläche der Kalender weg. Darum fotografierte ich die Gestus-Stücke einfach mit einer senkrecht installierten Kamera Blatt für Blatt ab. Indirekte Beleuchtung, ein vorgefasster Pol-Filter und eine gut geschlossenen Blende vermieden Reflexionen auf den schwarzen Blättern und sorgten für eine nahezu 1:1 Abbildung in der nötigen Schärfe. Schritt zwei war die Nachbearbeitung der sehr spitzkörnigen Motive, die nach der Anpassung an das Ausstellungslayout nicht verwaschen wirken sollten. Nach zwei Schärfeprozessen in Photoshop entsprach das Ergebnis nahezu dem Original und überzeugte auch Meister Lehmann.
Zwischenzeitlich sorgten die Malldesigner der Promenaden für Druck und Aufbau; der zweite große Teil der ganzen Arbeit. Schwarzer Teppich bedeckt den Boden in den Bereichen der Ausstellung und natürlich schlüpften auch die Kleiderpuppen in passende Goth-Outfit. Die stellte DarXity Leipzig freundlicherweise als Leihgabe zur Verfügung. Das und zusätzliche Straßenlaternen plus Bänke in viktorianischem Stil machen die Ausstellung rund und geben den ausgestellten Fotografien einen würdigen Rahmen.
In 40 Tagen vom Konzept zur fertigen Ausstellung
Drumherum gab es dann natürlich noch ein umfangreiches Paket an Marketingmaßnahmen: von Werbespots auf STRÖER-FlatScreens und Fahrgast-TV im Leipziger Nahverkehr über gedruckte Werbemittel bis hin zur Vermarktung der Ausstellung in den SocialMedia-Kanälen. Das Ende März begonnene Projekt endete quasi mit der Vernissage am 6. Mai. In einem Rekordtempo von nur 40 Tagen. Das kann man schonmal machen, zumal auch meine eigenen Ergebnisse ausgestellt sind. Ich war zum 2015er WGT nämlich als Fotograf in Leipzig unterwegs und habe einige fantastische Outfits einfangen können.
Nachtrag: Alle Motive wurden zum Abbau der Ausstellung zum Kauf angeboten und waren innerhalb von zwei 2 Stunden ausverkauft. Der Erlös geht an gemeinnützige Vereine in Leipzig.
Weitere Infos & Links
- DarXity Store
- Gerd Lehmann in der Leipziger Zeitung
- Corwin von Kuhwede (jetzt Ron Kuhwede)
- Ingrid Elsner (Eulenfan) bei Foto Community
- Marco Gazaneo bei Foto Community
- David Cavier
- Reikon DeVore bei Youtube